Süss, fruchtig und mild 

Wo der Geschmack zum Leben erwacht

Sind Sie bereit für ein tropisches Abenteuer mit Noten von Vanille, Karamellcreme, Zitrus-, Garten- und Steinfrüchten, Mango und Ananas? Dann ist Süss, fruchtig & mild Ihr Aromenprofil. Julien Willems erkundet, woher diese verführerischen Aromen stammen und warum das Tasting Panel der Society einen Single Malt unter dieser Kategorie einordnet.

Alle Aromen im Whisky haben ihren Ursprung in den Zutaten und der Art und Weise, wie diese verarbeitet wurden. Die gemälzte Gerste und die Hefe bilden den Ursprung der Aromenkreation, insbesondere während der Fermentation. Gleichermassen wichtig ist jedoch auch die Auswahl der verwendeten Brennblasen, die Trennschnitte bei der Destillation sowie die Art der Kondensatoren.

Und nicht zuletzt auch die Behandlung des Holzes und die Art und Weise, wie das Fass selbst seine Aromen im Laufe des Reifeprozesses abgibt. Viele der Verbindungen aus diesen Prozessen sind aromenbildend und das individuelle Profil jedes einzelnen Whiskys entsteht durch den relativen Anteil jeder dieser Komponenten an dem wahrgenommenen Gesamtaroma.

Sprechen wir über die Ester

Was hat Süss, fruchtig & mild damit zu tun? Eine wichtige Gruppe von Verbindungen in diesem Aromenprofil sind die Ester, von denen typischerweise eine ganze Bandweite mit fruchtigen und floralen Aromen assoziiert wird. Es gibt endlos viele Varianten von Ester-Typen und deren Konzentrationen. Aus diesem Grund sind auch die fruchtigen Anmutungen, die sie bilden können, durchaus vielfältig. Unterschiedliche Ester können beispielsweise als Aromen von Zitrusfrüchten oder Grünem Apfel wahrgenommen werden (Isoamylacetat, um es mit den Worten eines Chemikers zu sagen), während andere möglicherweise Assoziationen von Banane, Mango und vollreifer Ananas hervorrufen (dies ist der Fall, wenn Butansäureethylester im Spiel ist).

Vergessen Sie die Hefe nicht

Durch die Aktivität der Hefe während der Fermentation entstehen Alkohol sowie eine Reihe von Stoffwechselprodukten wie Ester, Säuren und Aldehyde. Abgesehen von dem Geschmack, den das Fass abgibt, entstehen die meisten der im Whisky enthaltenen Aromen im Washback. Der Destillateur weiss ganz genau, wie er die Fruchtigkeit des Rohbrands akzentuiert, indem er die Fermentation entsprechend kontrolliert.

So resultiert zum Beispiel eine längere Fermentationsdauer in einem fruchtigeren Destillat, da die Konzentration der Ester im Laufe der Zeit zunimmt. Kombiniert man dies mit einer klaren Würze aus dem Maischbottich oder entscheidet man sich für das High-Gravity-Verfahren (im Grunde verwendet man eine stärker konzentrierte Gärbrühe), kann man sogar noch mehr Ester und somit ein noch fruchtigeres Destillat herstellen.

Die Wissenschaft des Destillierens

Um ein reines, fruchtiges Destillat herzustellen, muss nicht nur die Fermentation ordnungsgemäss laufen – der Destillationsprozess ist ebenso wichtig. Bestimmte Arten von Brennblasen führen zu einem höheren Rückfluss während der Destillation und konzentrieren leichtere Moleküle mit einer grösseren Volatilität – wie Ester – in dem Roh-Destillat. Da die Konzentration von sukzessive schwereren, weniger volatilen Verbindungen, die fruchtige Aromen überdecken könnten, in der Brennblase ansteigt, könnte ein Destillateur sich dafür entscheiden, den Destillationsvorgang anzuhalten, um auf diese Weise das Destillat leicht und fruchtig zu halten (man denke an den Society-Code Distillery 112, der eine Reihe extrem fruchtiger Beispiele bereithält).

Ein weiterer Faktor: Das Holz

Damit aus ihm ein echter Whisky wird, braucht ein Destillat einen Partner – ein sorgfältig ausgewähltes Fass ergibt den perfekten Seelenverwandten. Die Whiskys in diesem Aromenprofil beziehen ihre Süsse von Komponenten wie Eichenlactonen und Vanillin, die während des Reifeprozesses aus dem Holz extrahiert werden.

„Amerikanische Eiche hat eine höhere Lactonkonzentration als französische oder spanische Eiche und kann daher einem Whisky hervorragende Ginster- und Kokosnussaromen verleihen“, erklärt Dr. Andy Forrester, Spirits Educator der Society. (Wenn Sie ein schmackhaftes Beispiel für Eiche mit einer hohen Lactonkonzentration kosten möchten, probieren Sie den Blended Malt Batch # 12 Clementine Confit.)

Die Wärmebehandlung der Eichendauben durch Toasten oder Verkohlen während des Erhitzens führt zur Ausfällung von Lignin, einem strukturellen Bestandteil von Holz. Bei diesem Vorgang werden eine Vielzahl süss schmeckender Aromenkomponenten freigesetzt. Vanillin – schmeckt, wie der Name schon sagt – ist ein wesentlicher Faktor für Süsse in ausgereiftem Whisky.

Aber das ist noch längst nicht alles. Auch die Fruchtigkeit kann im Verlauf der Reifung zunehmen, da langsame chemische Reaktionen stattfinden, bei denen nach und nach Ethanol in Ester umgewandelt wird. Insgesamt sind die Verbindungen, die aus der Fermentation, Destillation und Reifung entstehen, für die süssen und fruchtigen Elemente dieses Profils verantwortlich.

Ein milder Typ

Was also macht einen Whisky mild? Chemisch betrachtet sind wir uns da nicht ganz sicher, aber ‚Herbheit‘ kann in einem Destillat mit verschiedenen Faktoren zusammenhängen. Einer davon ist das Ethanol an sich.

Während der Reifung verdunstet Alkohol aus dem Fass (bei der Reifung in Schottland sogar schneller als Wasser): Dieses als ‚Angel‘s Share‘ bekannte Phänomen bedeutet, dass der im Fass enthaltene Whisky im Laufe der Zeit an Stärke verliert. Da die Whiskys der Society in Fassstärke abgefüllt werden, heisst das, dass das Alter auch damit zusammenhängt, wie mild die Spirituose ist – wobei junge Whiskys normalerweise ‚sprightly‘ (spritzig) und ältere Whiskys weicher und milder sind.

Wir wissen auch, dass bei einer langen Fermentation Bakterien aus der Hefe in den Whisky übergehen. Bei dieser malolaktischen Fermentation entsteht kein Alkohol, jedoch andere wichtige Aromenkomponenten, wie Milchsäure, von der man annimmt, dass sie dem Whisky einen cremigen und buttrigen Charakter und somit ein als mild empfundenes Temperament verleiht.

Auf dem Papier geplant, würde man für einen typischen Whisky mit dem Attribut Süss, fruchtig & mild eine klare Würze verwenden, diese über einen langen Zeitraum fermentieren, hohe Trennschnitte bei der Destillation wählen und schliesslich das Destillat in einem aktiven Fass aus amerikanischer Eiche lagern. Obwohl uns Distillery 135 zahlreiche grossartiger Beispiele bereithält, gibt es keine absolut sichere Methode, um ein Single Cask dieses Profils zu erhalten.

Denn letzten Endes, wenn es darum geht, einen Whisky mit diesem Charakter herzustellen, dann ist es immer noch eine Sache von Wissen, Können und natürlich auch einem Quäntchen Glück. Im Laufe der Zeit wird eine Ausgewogenheit und Harmonie der Aromen aus Destillat und Cask erreicht. Eine Partnerschaft, die, wie so Vieles im Leben, sehr viel mehr ist als die blosse Summe ihrer Teile.

Entdecken und Experimentieren

Hier sind einige Geschmacksabenteuer, die wir in den letzten Jahren für Whiskys zu unserem Geschmacksprofil Süss, fruchtig und mild vorgeschlagen haben.

Passendes Gericht: Mango-Himbeer-Käsekuchen mit Gewürzen
Passender Hauptgang: Tony Singhs südindische Langustinen mit Masala
In Cocktails: Ein Süss, fruchtig und milder in einem Pink Highball Cocktail